Mir wurde an der Ruhr-Universität in Bochum, an der ich studiere immer gesagt, dass es sehr einfach ist ein Auslandssemester zu organisieren. Zum einen gibt es ein Learning Agreement, welches man vor der Reise abschließen muss, damit alle belegten Kurse aus dem Ausland auch angerechnet werden können und zum anderen gibt es innerhalb des Erasmus+ Programms ein Stipendium, welches jeder erhält. Meine Erfahrungen sind allerdings etwas anders.
Ich wollte unbedingt ein Auslandssemester machen, um meine Sprachkenntnisse in Englisch zu verbessern. In Europa ist es allerdings nicht so einfach eine Universität zu finden, an der nur Englisch gesprochen wird. Ich habe mich deshalb für die University of York in Großbritannien entschieden. Hier fingen dann auch schon die Probleme an. Als erstes musste ich meine Bewerbung an die Physik Fakultät der RUB schicken. An unserer Uni ist es immer möglich ein Semester im Ausland zu verbringen, sofern der Großteil der Module für den Bachelor absolviert wurden. Meine Bewerbung ist gut angekommen und somit konnte ich danach die benötigten Dokumente and die University of York schicken. Da Großbritannien allerdings nicht mehr in der EU ist, musste ich ein Visum haben, wozu es nur wenige Informationen gab. Ich habe erst im Ausland herausgefunden, dass der Deutsche Pass als Visum für sechs Monate gilt. Als weiteres Dokument musste ich auch einen Sprachnachweis für das Niveau B2/C1 erbringen. Ich konnte dafür zum Glück mein Abitur Zeugnis verwenden, welches aber von einer offiziellen Stelle übersetzt werden musste. Es kam noch hinzu, dass ich mich um eine Auslandsversicherung und eine Bankverbindung für Großbritannien kümmern musste. Die Vorbereitungen waren sehr anstrengend, dafür habe ich mich umso mehr gefreut, als das Semester dann im September 2023 startete.
Die erste Woche begann mit der “Freshers Week”, die sich an alle neuen Studenten gerichtet hat. Wir hatten jeden Tag ein anderes Programm, zum Beispiel Stadtrallys, Quiz-Abende oder künstlerische Aktivitäten. Da York die am meisten heimgesuchteste Stadt aus Europa ist, durfte natürlich eine nächtliche Geistertour nicht fehlen. Für die Austausch Studenten gab es extra Aktivitäten, um sich besser kennen zu lernen. Mir wurde am Anfang ein Buddy zugewiesen, der mir geholfen hat, mich zurecht zu finden. Es gab zudem sehr viel Unterstützung von der Universität bei Problemen.
Ich habe direkt auf dem Campus Gelände in einem Studentenwohnheim gewohnt. Von meinem Zimmer aus brauchte ich nur zwei Minuten, um zum Hörsaal zu gelangen. Die kulturelle Umstellung war deutlich spürbar. Alle Professoren wurden mit den Vornamen angesprochen und schon nach drei Wochen kannten die Dozenten alle Namen der Studenten. Ich habe ein Modul zum Programmieren belegt und zwei weitere, die sich auf Astrophysik und Fusion konzentriert haben. Der Aufwand für die einzelnen Module war zum Glück geringer als an meiner Uni in Deutschland, sodass ich viel Freizeit hatte. Ich bin der Volleyball Mannschaft der Universität beigetreten und konnte durch die Wettkämpfe auch andere Unis im Norden kennen lernen. Außerdem gab es viele Societys (Gruppen), welche zum Beispiel Spieleabende oder Back-Aktionen organisiert haben. Ich konnte viel herumreisen und habe den Lakedistrickt, London, Durham, Newcastle, Edinburgh und viele weitere Orte erkundet.
Das Semester war dann auch schon Mitte Dezember wieder vorbei und die Klausurphase hat sich durch den ganzen Januar gezogen. Zum Glück hatte die Bibliothek durchgängig geöffnet und wir habe öfters einen Raum gebucht, um eine Lern-Übernachtungsparty zu veranstalten. Somit hat auch das Lernen für die Klausuren etwas Spaß gemacht. Alle Klausuren, die ich geschrieben habe, dauerten drei Stunden und haben in der “Central Hall” stattgefunden. Hier waren die Klausurbeschränkungen sehr streng. Zum Beispiel musste man ein durchsichtiges Etui, eine Flasche ohne Etikett und einen bestimmten Taschenrechner haben. Außerdem war es nicht erlaub während der Klausuren zu essen. Die Prüfungsfragen waren deutlich anders als an der Ruhr-Uni in Bochum. Es wurde mehr auswendiggelerntes Wissen abgefragt, anstatt gelernte Rechentechniken anzuwenden.
Nach sechs Monaten war dann mein Auslandssemester auch schon wieder vorbei und ich musste wieder nach Hause fliegen. Zum Glück hat das Semester in York schon früher gestartet, sodass es auch früher zu Ende war und ich noch zwei Monate Ferien hatte.